PPPRL – Richtlinie zur Personalausstattung von Psychiatrie und Psychosomatik
Richtlinie zur Personalausstattung von Psychiatrie und Psychosomatik

PPPRL – Richtlinie zur Personalausstattung von Psychiatrie und Psychosomatik

Die neue PPP-Richtlinie, die durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossen wurde, bildet leider nicht die aktuellen Entwicklungen einer modernen, psychiatrischen Versorgung ab. Statt Vertrauen in die Kompetenz der Krankenhäuser, führt sie zu mehr Bürokratie, Dokumentationspflichten, Strafen bis hin zu Existenzbedrohungen. 

Wir fordern ein Umdenken und Änderung der PPP-Richtlinie und haben aus diesem Grund diese Seite und die dazugehörigen Videos auf unserem YouTube Kanal AWO Psychiatriezentrum Königslutter erstellt. 

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Wie kommt es zu diesem bürokratischen Monster?

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Standortbezogene Auswirkungen auf eine Tagesklinik

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FAQ - Richtlinie über die Personalausstattung in psychiatrischen, psychosomatischen und kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken

Die PPP-RL ist eine Richtlinie über die Ausstattung der stationären Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal gemäß § 136a Absatz 2 Satz 1 SGB V – PPP-RL.

Die Richtlinie soll geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Qualität in der psychiatrischen, kinder- und jugendpsychiatrischen und psychosomatischen Versorgung festlegen. Dazu werden insbesondere verbindliche Mindestvorgaben für die Ausstattung der stationären Einrichtungen mit dem für die Behandlung erforderlichen Personal für die psychiatrische und psychosomatische Versorgung bestimmt. Die mit dieser Richtlinie festgelegten verbindlichen Mindestvorgaben sind keine Anhaltszahlen zur Personalbemessung und beschreiben kein ideales Verhältnis zwischen Patienten und Personal. Als Mindestvorgaben sichern sie die personelle Ausstattung nach unten ab.

Da es sich um Mindestvorgaben handelt, können/ müssen die Einrichtungen zur Sicherstellung einer leitliniengerechten Behandlung auch darüber hinaus gehen und mehr Personal vorhalten. Auch personelle Ausfallzeiten (z.B. aufgrund von Fortbildungen oder für Aufgaben von Hygienebeauftragten) sowie Besonderheiten der strukturellen und organisatorischen Situation eines Krankenhauses sollen bei den Budgetverhandlungen vor Ort berücksichtigt werden.

§ 11 PPP-RL regelt das grundsätzliche Verfahren, wann und wie die betroffenen Krankenhäuser die Einhaltung der Mindestvorgaben nachweisen müssen. Demnach sind die in Anlage 3 „Nachweis“ der PPP-RL aufgeführten Daten zu erfassen und elektronisch zu übermitteln.

Ziel ist die Sicherung der Qualität. Die Richtlinie soll sicherstellen, dass die psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken jederzeit das für die leitlinienbasierte, fortschrittliche Versorgung psychisch kranker Menschen erforderliche Personal vorhält.

Die Richtlinie sieht folgende Anforderungen an die Krankenhäuser dafür vor:

  • Ausschließlich bei Erfüllung der Mindestvorgaben zu jeder Zeit ist die Behandlung psychiatrischer und psychosomatischer Patienten grundsätzlich zulässig
  • Die Richtlinie legt das vorzuhaltende Personal getrennt nach Erwachsenenpsychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychosomatik für den Tagdienst und differenziert nach Berufsgruppen fest.
  • Die benannten Mindestvorgaben orientieren sich an den Vorgaben der (30 Jahre alten) Personalverordnung Psychiatrie (Psych-PV). Die Behandlungsbereiche der Psychosomatik wurden neu aufgenommen, ebenso die psychosomatische Komplexbehandlung in der Erwachsenenpsychiatrie.
  • Die Minutenwerte der PsychPV wurden teilweise nach oben angepasst, für die neuen Behandlungsbereiche Minutenvorgaben neu entwickelt. Die in der PsychPV bereits aufgeführten Berufsgruppen und die zugrunde gelegten Regelaufgaben wurden 1:1 übernommen.

Letztlich ist die Mindestvorgabe der Personalbestand Alt + X% zusätzlich.

  • Die Einstufung der Patienten in die Behandlungsbereiche erfolgt zu 14-tägigen (26) Stichtagen (vorher 4 mal im Jahr). Je Behandlungsbereich sind Minutenwerte hinterlegt, aus denen sich die Anzahl der nachzuweisenden Vollkraftstunden je Berufsgruppe ermitteln.
  • Der Nachweis über die Einhaltung der Mindestvorgaben ist nun quartals- und einrichtungsbezogen (vorher Jahresbetrachtung).,
  • sowie monats- und stationsbezogen für jede in der PsychPV aufgeführte Berufsgruppe zu erbringen.

Das heißt jeder Behandlungsbereich (Erwachsene, kinder- und Jugendliche und Psychosomatik, jeder Standort und jede Station und jede Berufsgruppe wird täglich zu betrachten sein. Die PPP-RL löst durch diese kleinstteiligen Regelungen unglaublich viel Bürokratie aus.

Moderne Behandlungskonzepte beinhalten darüber hinaus auch stationsübergreifendes Personal (z.B. Ergotherapie). Die genaue Erfassung der Ist-Stunden ist technisch kaum abbildbar und erfordert hohen manuellen Arbeitsaufwand (jeden Tag). Eine zeitnahe Erfassung der Daten und Steuerung der Mitarbeiter und Patienten ist kaum möglich.

Konsequenz:

  • Wenn Unterschreitung Mindestbesetzung droht, keine Möglichkeit mehr für kurzfristige Aufnahmen.
    Die Reaktionsmöglichkeit bei Notfallaufnahmen (PsychKG) sind unklar (keine rechtssichere Regelung getroffen).
    Notentlassungen oder Aufnahmestopps zur Einhaltung der Mindestwerte sind wahrscheinlich.
  • Aufgrund von Personalausfällen besteht täglich die Notwendigkeit, in deutlich höherem Umfang als bisher kurzfristige Versetzungen des Personals einzuleiten = schlechte Mitarbeiterzufriedenheit
  • stationsübergreifende störungsspezifische Konzepte werden sich in Richtung rein stationsbezogener Konzepte (weil besser erfassbar) zurückentwickeln
     = Psychiatrie der 70er Jahre.
  • starker Stationsbezug führt zu extremer Kleinteiligkeit in Planung und Steuerung. -> warum?
  • Bedeutet Rückschritte in Behandlungskonzepten. Mitarbeiterzufriedenheit wird Schaden nehmen.
  • Aufgrund der Anforderungen der PPP-RL wird es verschiedene Auswirkungen sowohl auf die Standorte, auf das Personal und auf die Patienten*innen geben.

    Standortbezogen: Wohnortnahe Angebote in den Tageskliniken wären unmittelbar gefährdet, wenn zu wenig Personal vorgehalten wird – Mitarbeiter*innen von anderen Stationen kurzfristig und temporär einzusetzen ist nur möglich, wenn mit den Krankenkassen insgesamt ausreichend viel Personal zum Ausgleich von Ausfällen verhandelt werden kann. Danach sieht es jedoch aktuell nicht aus.  Fehlzeiten wegen Urlaub oder Krankheit heben die Mindestwerte nicht auf. Bei Nichteihaltung drohen hohe Strafen. Tageskliniken sind kleine Standorte mit wenig Personal. Kurzfristige Personalausfälle führen sofort zu einer erheblichen Reduzierung der Anzahl der behandelbaren Patienten (Beispiel: 1 Arzt im Urlaub, 1 Psychologe krank)
    -> Vertretungen sind oft nur stundenweise möglich.  -> das ist die Realität

    Eine Schließung von Tagesklinikstandorten ist daher dauerhaft wahrscheinlich.

    Wie könnte man dem vorbeugen?

    1. Einen zusätzlichen Personalpool mit den Krankenkassen verhandeln – wäre schön, aber es ist zu erwarten, dass die Krankenkassen dies nicht finanzieren werden.
    2. Es müsste eine sehr steife Personalsteuerung (Urlaubsplanung, Versetzung) durchgeführt werden. Was wiederum die Mitarbeiterzufriedenheit senken würde.
    3. Auch eine sehr steife Aufnahmepolitik wäre denkbar. Das heißt Notfallaufnahmen wären ohne Entlassung anderer Patienten*innen kaum möglich.

    Auf das Personal: Die Flexibilität beim Personaleinsatz geht verloren. Die Mitarbeiterattraktivität sinkt, ebenso die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen bei Versetzung. Folge: Verlust von Arbeitskräften.

    Auf die Patienten*innen: Statt der Versorgung der Patienten*innen steht die Einhaltung der RL im Vordergrund, was zu einer Fehlsteuerung der Angebote  führt. Die Beziehungskontinuität zu den Patienten*innen geht verloren. Notverlegungen, Notentlassungen, Aufnahmestopps, ohne dass es Ersatzangebote im Umfeld vorhanden sind, wären an der Tagesordnung.

    Unmöglichkeit der Planung: Referenzzeitraum vorher nicht klar, sondern erst im Nachhinein. Die PPP-RL legt als Betrachtungszeitraum das gleiche Quartal des Vorjahres als Referenzzeitraum fest. Wenn allerdings im laufenden Quartal eine Abweichung von mehr als 2,5 % der Berechnungstage in einer Behandlungsgruppe eines Bereiches (A1, A2, …) vorkommt, dann gilt nicht mehr das Vorjahr, sondern das Ist-Quartal für die Mindestberechnung. Welches Quartal als Referenz herangezogen wird, ist damit erst nach Ende eines Quartals bekannt.

    Personal- und Belegungsplanung faktisch unmöglich, weil erst im Nachhinein klar, ob 2,5% mehr oder weniger Berechnungstage in den Behandlungsbereichen entstanden sind und wie hoch die Ausfallzeiten tatsächlich waren.

    Fazit: Die PPP-Richtlinie verursacht hohe bürokratische Kosten und produziert gleichzeitig weniger Qualität. Die Richtlinie bedroht und widerspricht dem Niedersächsischen Landespsychiatrieplan. Die Lösung zur Sicherung der regionalen Versorgung ist der Ganzhausansatz. Folge: Der Standortbezug für Tagesklinik fällt weg.

    • Rückgabe der Flexibilität an die Krankenhäuser durch den Entfall des Stationsbezuges,
    • Planungssicherheit: Entfall der 2,5%-Regel, d.h. der Planungszeitraum gilt immer für das Quartal des Vorjahres
    • Reduzierung der Mindest-VK unter PsychPV alt, ABER
    • Zusätzlich ein Personalinstrument (z.B. Plattformmodell) für die leitliniengerechte Behandlung – als Instrument für die Budgetverhandlung
    • Reduzierung der betrachteten Berufsgruppen (Ergo-, Physiotherapie, Logopädie, Sozialdienst u.a.)
    • Strafen auf ein nicht-existenzgefährdendes Maß anpassen
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